Schlosspark

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Der Esterházysche Schlosspark in Eisenstadt

"Ich baute in Eisenstadt, ohne gewußt zu haben, für wen, einen Garten an, durch Gottes Fügung für Dich. Es blühen jetzt Rosen und sonstige Blumen. Ich wollte, Du kämest bald sie zu pflücken."

Mit dieser Liebeserklärung des Grafen Nikolaus Esterházy an seine junge Frau Krisztina Nyári beginnt im Jahre 1624 die Geschichte des Schlossgartens in Eisenstadt als gartenkünstlerisch gestaltete Anlage. Ältere Hinweise auf die Existenz eines Gartens bei der Burg enthalten die Herrschaftsurbare aus den Jahren 1569 und 1581. Pfandherr Hans von Weißpriach ließ einen Tiergarten für Damwild anlegen, in dem sich auch eine Mühle und zwei Fischteiche befanden.

Nach dem Erwerb der Herrschaft Eisenstadt durch die Familie Ersterházy im Jahre 1622 ließ Graf Paul Esterházy die Burg 1633 bis 1673 in frühbarocker Manier umbauen und einen Ziergarten anlegen. Daneben existierten noch ein Küchen-, Obst- und Arzneipflanzengarten. Ab dem Jahre 1682 wurde der Garten erweitert und in "italienischer Manier" (= Renaissancegarten) umgestaltet. Es wurden Brunnen angelegt und Statuen antiker und alttestamentlicher Frauengestalt aufgestellt. In den ersten Dezennien des 18. Jahrhunderts wurde mit Planungen für eine neuerliche Umgestaltung und Erweiterung begonnen. Der lothringische Gartenarchitekt Louis Gervais entwarf 1754 einen "französischen" Garten mit Parterre und verschiedenen "jardins secrets". Ab 1756 wurde der bis dahin bestehende Damwildgarten in den neu angelegten Tiergarten verlegt, so dass der Verwirklichung dieser Planungen nichts mehr im Wege stand. Ausgeführt wurde dann allerdings eine etwas vereinfachte Version. Doch bereits nach wenigen Jahrzehnten war das Ende dieses so aufwendig konzipierten barocken Gartens gekommen.

Unter Fürst Nikolaus II. wurde ab 1797, dem geänderten Zeitgeschmack folgend, die Umgestaltung in einen englischen Landschaftsgarten begonnen. Damit verbunden waren umfangreiche Grunderwerbungen im Norden der alten Anlage, die eine Erweiterung um mehr als das Doppelte bis auf die heutige Größe von ungefähr 45 Hektar bedeuteten. Zuerst unter dem fürstlichen Obergärtner Matthias Pölt, dann unter der Oberaufsicht des auch für den klassizistischen Schlossumbau verantwortlichen Pariser Architekten Charles de Moreau entstand eine ausgedehnte Gartenlandschaft mit Teichen und Wasserläufen, abwechselnd mit kleineren oder größeren Gehölzgruppen in weite Wiesenflächen gruppiert. Diese künstliche Landschaft wurde von geschwungenen Wegen durchzogen, welche dem Spaziergänger durch schöne Aussichten, den Anblick exotischer Gehölze und malerischer Gartenbauwerke ein sublimes Erleben einer künstliche gestalteten Natur ermöglichte.

Nur im Bereich der Orangerie wurde die alte Barockstruktur beibehalten. Trotz aller englischen Einflüsse dürften jedoch die direkten Vorbilder für den Eisenstädter Garten in Frankreich liegen. In erster Linie kommt dafür der Garten von Méréville in Betracht. Die Gartengebäude und deren unmittelbares Umfeld sind für die Anlage von besondere Bedeutung. Vor allem mit diesen "Szenerien" wurde versucht, "Bilder" zu erzeugen, die den Besucher beim Durchwandern des Gartens sozusagen wie in einem Film vorgeführt wurden. Der tiefere Sinngehalt dieser "Bilder" war dem gebildeten Besucher bekannt und die dadurch in ihm ausgelösten Empfindungen und Gefühlsassoziationen gewünschtes Ergebnis der Planung.

Das wichtigste Beispiel ist das Ensemble "Leopoldinentempel". Der Leopoldinentempel wurde 1806 von Charles Moreau oberhalb des Leopoldinenteiches im Schlosspark errichtet. Es ist ein, rings mit ägyptisierenden Säulen umgebener Rundtempel, in dessen Inneren sich eine Kopie des Kunstwerks des berühmten italienischen Bildhauers Antonio Canova befindet. (Original im Leopoldinensaal des Schlosses). Es stellt die Prinzessin Leopoldine Lichtenstein-Esterházy als Muse Kalliope dar.

Dieses ganze Ensemble ist eine Darstellung des Sibyllentempels von Tivoli bei Rom als Symbol der damals erträumten Ideallandschaft Arkadien. Dieses Bildmotiv korrespondiert mit dem Schloss gleichsam als utopische Gegenwelt zur Alltagsrealität. Der Fürst war von seinem Wohnsitz aus somit mit dem arkadischen Traumbild verbunden. Im Tempel wurde die von Antonio Canova, einem der berühmtesten Bildhauer seiner Zeit, geschaffene Statue der Leopoldine Esterházy, dargestellt als Muse Kalliope, aufgestellt. Wirtschaftsgeschichtlich hervorzuheben ist ein anderes Gartenbauwerk, das sogenannte "Maschinenhaus" mit dem Maschinenteich und einem Wasserfall. Dort wurde nämlich im Jahre 1803 die erste Wattsche Dampfmaschine der habsburgischen Erblande aufgestellt. Der Zweck dieser Dampfmaschine war es, eine Pumpe zu betreiben, die es ermöglichte, das Wasser im Park im Kreis zu führen und die Fälle beim Tempelteich und Maschinenteich ausreichend zu versorgen. Diese Dampfmaschine ist auch ein wichtiges Beispiel des Technologietransfers aus dem damals schon industriell weit fortgeschrittenen England. Als dritte bauliche Sehenswürdigkeit ist die Orangerie mit ihrem unmittelbaren Vorfeld zu nennen, welche mit ihren Terrassen, Stiegenanlagen und der gestutzen Kastanienalle noch barocken Geist atmet. Geplant und errichtet noch unter Matthias Pölt, stellt sie nicht nur das größte Gewächshaus aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Österreich dar, sondern barg einst auch eine Planzensammlung, die zumindest in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Europas gehörte und sogar die kaiserlichen Sammlungen in Schönbrunn übertraf. Eine sehr anschauliche Beschreibung des Gartens ist uns aus dem Tagebuch des Erzherzogs Franz Karl vom 25. Juni 1819 überliefert. Der Erzherzog schreibt unter anderem:
"Hier erwartet uns der Fürst Esterházy in seinem prächtigen Schlosse, und führte uns gleich in den dortigen englischen Garten und zwar zu dem überaus großen Wasserfalle. Von da stiegen wir zu dem herrlichen runden Tempel, den hohe Säulen zieren, der größtenteils schon fertig ist. Von hier genießt man eine weite, sehr schöne Aussicht. Die Glashäuser, die wir darauf sahen, sind außerordentlich groß. Es ist in denselben, nach Bredermeyers Urteil, ein großer Schatz von den seltensten Pflanzen, vorzüglich aus Neuholland und Westindien. Wir nahmen die Jause in einem Saal der großen Orangerie ein, welche 150 Klafter lang ist. Hier führte mir der Fürst den Herrn von Szentagály, seinen Regenten aus, den ich als einen sehr würdigen Mann kennen lernte. Nach der Jause gingen wir in die zwei anderen Glashäuser, von denen das eine höher liegt, als das große Glashaus, in den wir jausten, und das andere tiefer, jedes von ihnen über 100 Klafter lang. Aus den Glashäusern sind die schönen großen exotischen Bäume samt ihren Kübeln in die Erde gesetzt und liegen zerstreut im englischen Garten, was ich noch nirgends gesehen habe. Ich war angenehm überrascht worden, sie an beiden Ufern des schönen breiten Kanals unter den prachtvollen Platanen, Tulpenbäumen, Ailanthus, Salisburgia, Sophora, Japonica, Trompetenbäumen, und sovielen anderen ausgesuchten einheimischen Bäumen angetroffen zu haben. In dem Glashause sah ich auch das erstemal die Cocoloba pubescens, einen gegen zwei Klafter hohen Baum mit sehr großen Blättern, der 1200 Fl. in Silber gekostet hat. Wir stiegen bey der Dampfmaschine ab: Ein Werk, das der Fürst schon vor mehreren Jahren aus London mitbrachte, nach welchem, da es sehr groß ist, leicht andere verfertigt werden konnten. Die Maschine steht in einem hübschen Gebäude am Ufer eines großen Teiches, am Fuß des selben Berges auf dem der Park liegt. Diesen Teich bilden unterirdische Quellen, die niemals versiegen, und stände der Teich oben auf dem Berge, wäre es leicht gewesen, Wasser aus dem selben überall in den Garten herunter zu leiten. Daß dieser Teich dennoch oben auf dem Berge, wie durch einen Zauber in Vorschein kommt, ist das Werk des Fürsten. Er läßt nämlich durch die Dampfmaschien, deren Feuerung täglich 30 Gulden kostet, das Wasser aus dem Teiche unterirdisch auf den Berg hinauf treiben, wo das Wasser sich in einer Vertiefung sammelt und einen neuen Teich bildet. Aus diesem hoch liegenden Teiche fließt das Wasser in den verborgenen Röhren eine ziemlich große Strecke, dann bricht es plötzlich hervor und stürzt über hohe Felsen mit Gemurmel herunter. In der Tiefe arbeitet es wieder aus dem Felsenmassen hervor, sammelt sich, und bildet einen schönen sehr grossen Teich gegenüber von dem Schloss. Aus dem Teiche ergießt sich es in einen breiten Kanal, der sich hin und her schlängelt, den Garten belebt und verschönert und fällt endlich mit Brausen in den selben Teich zurück, aus dem es durch die Dampfmaschine herausgepumpt wurde."

Nach der Fertigstellung (etwa ab 1820) zählte der Garten zu den meistbewunderten Anlagen der damaligen Monarchie. Eine Reihe begeisterter Berichte aus dieser Zeit sind uns überliefert. J. v. Csaplovics schreibt 1822: "Die Treibhäuser sind wegen ihrer seltenen Naturschätze in dem österreichischen Kaiserstatte die wahrscheinlich Einzigen in ihrer Art..." Thiele hält 1825 fest: "Der hiesige muß unter die ersten Gärten Europas gezählt werden..." Sogar der Engländer J. Paget findet 1839 solche Worte wie: "... The gardens layed out in the english stile are very fine and the hot houses are larger than any I have seen even Alton must bow to Eisenstadt..." Und schließlich schreibt auch G. A. Wimmer 1840: "... Der herrliche Garten von Eisenstadt wird was Pracht und Pflanzenfülle wie Naturschönheit betrifft, von keinem Garten in Ungarn übertroffen...".

Dieser gepriesenen Zustand wurde durch kleinere Neupflanzungen wie die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Mode gekommenen "Nadelbaumquartiere" ergänzt, die aber insgesamt die Struktur des Gartens nicht veränderten. Der Park blieb aufgrund der Pflege durch die fürstlichen Gärtner bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in gutem Zustand erhalten.

Ab den fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts begann eine Verfallperiode. Der Park wurde gärtnerisch nicht mehr betreut, viele der exotischen Gehölze verschwanden, und Verwaldungsprozesse setzten ein. Durch die Zerstörung der Wasserleitungen trockneten mit einer einzigen Ausnahme alle Teiche aus. Der Tempelteich wurde zum Großteil zugeschüttet. In einem der landschaftlich schönsten Teile wurde ein Stadion gebaut. Die Orangerie verfiel zusehends. Durch die Abtrennung eines dem Besitzer vorbehaltenen Privatteils wurde die räumliche Verbindung zwischen Schloss und Garten empfindlich gestört. In den letzten Jahren gibt es jedoch neue Hoffnung für den Garten. Der Verein "Freunde des Eisenstädter Schlossparks" hat gemeinsam mit der Stadt Eisenstadt, angeregt durch die diesbezüglichen Aktivitäten des Bundesdenkmalamtes, die Initiative für eine schrittweise Erneuerung des Parks ergriffen. Trotz vieler Schwierigkeiten scheint damit der weitere Verfall aufgehalten zu sein. Erst schöne Erfolge, wie die Wiederherstellung der trockengefallenen Teiche, das Freistellen seltener exotischer Bäume und alter Sichtachsen machen Mut für weitere Aktivitäten dieser Art. Bei allen Maßnahmen muss gegenwärtig und in Zukunft für die verschiedenen Gartenräume ein jeweils unterschiedlich gewichteter, subtiler Ausgleich zwischen gartenkünstlerischen, botanischen und ökologischen Forderungen gefunden werden.